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Seit März 2022 sind Streuobstwiesen gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BNatSchG bundesweit gesetzlich geschützte Biotope. Dadurch ändert sich die Rechtslage etwa in Baden-Württemberg, wo die „Stückle“ bislang erst ab einer Fläche von 1.500 m² geschützt waren (§ 33a Nat-SchG BW). Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Zusammengenommen kommen 5.000 Tier- und Pflanzenarten im Streuobst vor.

§ 30 Abs. 2 sagt, dass Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, verboten sind. In Nr. 7 sind Streuobstwiesen jetzt ausdrücklich namentlich aufgeführt.

Auszug aus Naturschutz und Landschaftsplanung, Zeitschrift für angewandte Ökologie Ausgabe 06/2022

Gesetzlicher Biotopschutz nach § 30 BNatSchG

Von: Dr. Andreas Lukas und Dr. Jessica Schröter

„Bei einer Vielzahl und Kleinräumigkeit bestimmter wertvoller Biotope ist eine Schutzgebietsausweisung nicht das geeignete Instrument zu ihrer Sicherung. Der Unterschied zwischen dem Gebietsschutz und dem Biotopschutz liegt darin, dass die in § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG und ergänzend in den Landesnaturschutzgesetzen aufgeführten Biotoptypen ohne vorherigen Akt der Unterschutzstellung, sondern unmittelbar durch das Naturschutzgesetz vor einer potenziellen Beeinträchtigung geschützt sind. Die Biotope müssen auch nicht in der Landschaft gekennzeichnet oder in einer Datenbank erfasst sein, damit der gesetzliche Biotopschutz greift.“

„Um sich der neuen Rechtslage anzunähern, lohnt ein Blick nach Hessen, wo immerhin im Außenbereich gelegene Streuobstwiesen bereits dem gesetzlichen Biotopschutz unterfielen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 HAGBNatSchG) und sich deswegen der Verwaltungsgerichtshof in Kassel bereits mit der juristischen Definition einer Streuobstwiese befasst hat (Urteil vom 14.08.2018, Az.: 4 A 589/17)“

Kennzeichen:

  1. Mindestens 50% besteht der Obstbaumbestand aus Hochstämmen (mindestens 1,60m)
  2. Die Ertragsdauer der Obstbäume muss auf mindestens 30 Jahre ausgelegt sein
  3. Die Obstbäume müssen überwiegend regionaltypische und damit oft lokale Sorten aufweisen
  4. Zwischen den Obstbäumen müssen dieAbstände in der Regel mindestens 8 m groß sein. Alternativ darf die Obstbaumdichte nur maximal 150 Bäume je Hektar betragen, so dass der Einzelbaum als solcher jeweils erkennbar bleibt.
  5. Die Mindestfläche für die Annahme eines Streuobstbestandes muss schließlich 1.000 m² betragen, wobei nicht zwingend einzelne Flurstücke geschützt sind, sondern der zusammenhängende Baumbestand auch über Grundstücksgrenzen hinweg.

Rechtswirkung:

„§ 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG verbietet alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung der Biotope führen können. Es kommt nach dem Wortlaut („können“) allein auf die Möglichkeit der Schädigung durch die beabsichtigte Maßnahme an. Eine Handlungspflicht, bestimmte Pflegemaßnahmen zu ergreifen beziehungsweise fortzuführen, statuiert § 30 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG hingegen nicht, so dass ein schlichtes Unterlassen wie die Aufgabe der Bewirtschaftung und Pflege einer Streuobstwiese nicht unter das Verbot fällt. Von dem Verbot der möglichen Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung des Biotops kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Gemäß § 30 Abs. 4 BNatSchG kann die Ausnahme bereits auf der Ebene des Bebauungsplans auf Antrag der Gemeinde von der Naturschutzbehörde erteilt werden.“

Quelle:
Naturschutz und Landschaftsplanung, Zeitschrift für angewandte Ökologie Ausgabe 06/2022
Gesetzlicher Biotopschutz nach § 30 BNatSchG
Von: Dr. Andreas Lukas und Dr. Jessica Schröter